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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 02.08.2007
Aktenzeichen: 8 U 4/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 291
BGB § 667
Als Betreuerin ist diese zwar nicht Beauftragte (§ 667 BGB) der unter Betreuung stehenden Person. Vielmehr leitet sie ihre Befugnisse aus der ihr vom Vormundschaftsgericht übertragenen Amtsstellung ab (§ 1897 BGB). Als Betreuerin hat sie aber einem Beauftragten vergleichbare Rechte und Pflichten.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 4/07 OLG Naumburg

verkündet am: 02.08.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Feldmann und die Richter am Oberlandesgericht Bisping und Harms auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juli 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 17. April 2007 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Stendal wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Gebührenstreitwert für den Berufungsrechtszug beträgt EUR 14.423,36.

Gründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet, weil das angefochtene Urteil einer rechtlichen Überprüfung standhält:

1. Die Klägerin kann die Beklagte als ihre ehemalige Betreuerin in Haftung nehmen, da die Vorsorgevollmacht, die die Klägerin der Beklagten erteilt hat, unwirksam ist, weil die Klägerin - nach vorliegendem ärztlichen Gutachten - bei der Erteilung der Vollmacht geschäftsunfähig gewesen ist (§ 105 BGB). Infolgedessen ist eine rechtliche Betreuung der Klägerin erforderlich gewesen (§§ 1896 ff. BGB; vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 66. Auflage, § 1896 Rn 11).

2. Zu Recht hat das Landgericht die Haftung der Beklagten auch - unter Berufung auf OLG Karlsruhe, FamRZ 2004, 160 f. - auf die entsprechend anzuwendende Vorschrift zu § 667 BGB aus dem Auftragsrecht gestützt. Der Beklagten sind nämlich bei der Übernahme der Betreuung am 26. April 2002 zu deren Ausführung Gelder der unter Betreuung gestellten Klägerin zur Verfügung gestellt worden (§ 667 Alt. 1 BGB), über deren bestimmungsgemäße Verwendung für Ausgaben der Betreuten (§ 1908i i.V.m. § 1806 Alt. 2 BGB) die Parteien streiten. Infolgedessen ist die Beklagte (abweichend von § 1908i i.V.m. § 1833 BGB) ohne Rücksicht auf ein Verschulden verpflichtet, die ihr zur Verfügung gestellten Gelder an die Klägerin herauszugeben, soweit sie nicht bis zur Entlassung der Beklagten als Betreuerin am 20. Februar 2006 bestimmungsgemäß verwendet worden sind. Für die bestimmungsgemäße Verwendung der Gelder trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, NJW 1997, 47, 48).

Als Betreuerin war die Beklagte zwar nicht Beauftragte (§ 667 BGB) der unter Betreuung gestellten Klägerin. Vielmehr leitete die Beklagte ihre Befugnisse aus der ihr vom Vormundschaftsgericht übertragenen Amtsstellung ab (§ 1897 BGB). Als Betreuerin hatte sie aber einem Beauftragten vergleichbare Rechte und Pflichten, denn sie hatte die Angelegenheiten der Betreuten zu deren Wohl zu besorgen (§ 1901 Abs. 2 S. 1 BGB). Infolgedessen hat die Beklagte auch wie ein Beauftragter die Pflicht, die Gelder, die ihr aus dem Vermögen der Klägerin mit der Bestimmung zur Verfügung gestellt wurden, sie zu deren Wohl zu verwenden, zurückzugeben, soweit sie nicht bestimmungsgemäß verwendet worden sind (vgl. v.Staudinger/Wittmann, BGB, 13. Auflage [1994], Vorbem §§ 662 ff., Rn 30 unter Bezugnahme auf RGZ 164, 98, 102 f.).

3. Die Beklagte hob in der Zeit von der Übernahme der Betreuung am 26. April 2002 bis zu ihrer Entlassung als Betreuerin am 20. Februar 2006 unstreitig EUR 36.460 (d.s. EUR 39.174,29 abzgl. bestrittener EUR 503,00 zzgl. EUR 2.211,29) von Konten der Klägerin ab. Davon verwendete sie lediglich EUR 22.036,64 (d.s. EUR 12.836,64 zzgl. EUR 9.200,00) zum Wohle der Klägerin, wie das Landgericht festgestellt hat.

Die Beklagte behauptet zwar, dass sie während der 46 Monate ihrer Betreuung einen höheren Betrag für die Klägerin verausgabt hat. Die vom Landgericht abgesetzten Ausgaben für

 Feinkost Sch. EUR 2.491,82
Mittagessen bei den Eheleuten K. EUR 920,00
Friseur EUR 1.171,75
an die Klägerin ausgezahlte EUR 1.380,00,
die diese an die Zeugin H. verschenkt habe sonstige Kosten der Lebenshaltung EUR 9.200,00

seien nämlich zu niedrig veranschlagt. Insoweit hat die Beklagte aber ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht genügt:

So schätzt die Beklagte die Position Feinkost Sch. zwar auf EUR 2,60 x 5 Werktage pro Woche, rechnet aber die Feiertage nicht heraus, an denen für die Betreute nicht eingekauft worden ist. Und bei der Position Mittagessen Eheleute K. berechnet die Beklagte zwar EUR 5,00 x 52 Wochen jährlich, insoweit ist die Aussage der vom Landgericht vernommenen Zeugin K. aber nicht ergiebig. Denn aus der Aussage der Zeugin geht nicht hervor, dass die Fremdverpflegung der Betreuten bei den Eheleuten K. während des gesamten Betreuungszeitraumes von 46 Monaten in Anspruch genommen worden ist. Unter diesem Gesichtspunkt hat das Landgericht auch zutreffend die Ausgaben für den Friseur der Betreuten begrenzt. Die Zeugin L. hat nämlich nur bestätigen können, dass die Dienste ihres Arbeitgebers bis zum November 2005 - also nicht bis zur Entlassung der Beklagten als Betreuerin am 20. Februar 2006 - in Anspruch genommen worden sind. Ähnlich spekulativ behauptet die Beklagte, der Klägerin für die Zeugin H. höhere Geldbeträge übergeben zu haben.

Einzig und allein für höhere Kosten der Lebenshaltung der Klägerin besteht ein gewisser Anhaltspunkt. Diese Kosten hat das Landgericht nämlich für die 46 Monate der Betreuung lediglich auf (EUR 200 x 46 Monate, d.s.) EUR 9.200 insgesamt geschätzt (§ 287 ZPO), während die zuständige Rechtspflegerin im Betreuungsverfahren auf Grund von Umfragen in Altenheimen einen regelmäßigen Bargeldbedarf der Bewohner von bis zu EUR 400 mtl. ermittelt hat. Insofern muss sich die Beklagte allerdings entgegenhalten lassen, dass das Landgericht nur die "sonstigen" Lebenshaltungskosten auf EUR 200 mtl. geschätzt und weitere Kosten der Lebenshaltung in anderen Rechnungspositionen berücksichtigt hat. Abgesehen davon beruht die Schätzung der Rechtspflegerin lediglich auf einem typischen Geschehensverlauf, für den es im vorliegenden Fall - mangels konkreten Sachvortrages der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten - keinen hinreichenden Anhaltspunkt gibt. Infolgedessen hinge eine höhere als die vom Landgericht vorgenommene Schätzung mangels "greifbarer", von der Beklagten vorzutragender Anhaltspunkte völlig "in der Luft", und derartige Schätzungen sind im Zivilprozess unzulässig (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Auflage, § 287 Rn 4 unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rspr.).

Nach alledem verbleibt es bei dem zurückzuzahlenden Betrag von EUR 14.423,36 (d.s. von der Beklagten abgehobene EUR 36.460 abzgl. für die Klägerin verwendeter EUR 22.036,64), den die Beklagte nach § 291 BGB zu verzinsen hat.

Ende der Entscheidung

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